Zehn Gebote

Prosa · Übersetzung: Paul Berf · Zehn Gebote des Schreibens · Mit Margaret Atwood, Jonathan Franzen, Zadie Smith und Juli Zeh u.a. · München: Deutsche Verlags-Anstalt, 2011, S. 31–32 · ISBN: 978-3421045065


1. Romane sind wie Katzen. Sie mögen es nicht, gegen den Strich geschrieben zu werden.

2. Hymne oder Broschüre, Katalog über die Makel und Mirakel der Liebe oder Führer der Verwirrten – ein Roman kann Alles sein, und ihm gelingt fast alles. Solange er nicht dem entsprechen muss, was er in deinen Augen sein soll.

3. Es hat Vorteile, die Sache zu überschlafen. Am einen Tag herrscht Tiefdruck im Gehirn, am nächsten Morgen ist der Himmel wieder klar. Oder es regnet in Strömen. Wie das Wetter auch aussehen mag: es geht weiter.

 

4. All diese Romane, in denen es um nichts anderes geht als den Roman – eine ganze Kunstgattung ohne ein anderes Thema als sie selbst. Was würde man zu einem Gebet sagen, dessen Gegenstand die Religion wäre? (Frei nach Cioran.)

5. Oft atmet ein Roman erst nach zwei, drei Kapiteln. Habe den Mut, dort zu beginnen. Ohne Ballast.

6. Meine Tochter, als ich sie eines Morgens allzu hastig anziehe: „Hey, sei vorsichtig mit meinem Körper! Es gibt ein Skelett in meinem Körper!“ Betrachte so den Roman.

7. Die Regeln der anderen sind da, um gebrochen zu werden. Deine nicht.

8.1. Lieben. Danach ist alles möglich.

8.2. Die achte Todsünde: Fantasielosigkeit.

9. Der Rückgrat ist dein sicherster Ratgeber. Kribbelt es, bist du auf dem richtigen Weg.

10. Welcher Roman hat sich nicht schon einmal gefragt: Bin ich ein Monster oder ist es das, ein Mensch zu sein?