Abschluss
17.II.22
Endlich kann der neue Roman abgegeben werden, nach 400 Arbeitstagen verteilt auf zwei Jahre minus ein, zwei Wochen. Als Truffaut seinen bekanntesten Film Les Quatre Cent Coups nannte, benutzte er einen idiomatischen Ausdruck – ungefähr: „das Leben genießen“, „über die Stränge schlagen“ – was wohl kaum dem Titel entspricht, den das Werk auf Schwedisch oder Deutsch erhielt. Aber – wortwörtlich – Die 400 Schläge: So habe ich mich während der Arbeit die meiste Zeit gefühlt. Es klingt wie ein Klischee, es ist ein Klischee, jeder Tag ist jedoch ein Kampf gewesen, und jeder enthielt irgendeine Art von Enttäuschung. Nicht 399, nicht 401, sondern tatsächlich exakt 400 Schläge und Rückschläge: Nach ein paar Stunden abschließenden Feilens mailte ich dem Verlag, was ich für ein tadelloses Manuskript hielt, nur um in der nächsten Minute einen haarsträubenden Fehler zu entdecken.
Das Apollo Theater in Harlem spielt eine gewisse Rolle im Roman. Als meine Hauptperson, ein ehemaliger Rockgitarrist das Neonschild untersucht, das an der Fassade hängt, behauptet er, die Form der Buchstaben nenne man outline, will sagen, dass sie nur Konturen haben, aber nicht gefüllt sind. Doch das vertikale APOLLO in der 125th Street in New York steht in inline: In den Buchstaben sieht man dünne Linien (eigentlich Neonschleifen).
Nicht einmal das blieb dem Roman erspart: ein Blinder als Hauptperson. Er, der seine Fender Jazzmaster behandelt wie andere einen Rosenkranz oder ihre Voodoo-Puppe, sieht nicht, dass die Zeichen, die den Gott der Kunst buchstabieren, diesen Anführer der Musen, der zumeist mit einer Leier abgebildet wird, vor allem Saiten auf sechs verdrehten Gitarrenhälsen gleichen.
Ich werde die Sache in der Korrekturfahne verbessern. Der Abschluss wird dennoch (wie ein deutscher Dichter einst sagte): geschlagen von Apollo.