Tumult am siebten Tag

6.ii.15

Fanfare! Gestern gab ich das neue Buch im Verlag ab, und erlebe seither den nunmehr so vertrauten Tumult. Seit bald dreißig Jahren: das gleiche alte Lied. Da ist Schwindel, da wirbeln Erleichterung und Vermissen durcheinander, und das Gefühl, etwas Unverzeihliches begangen zu haben, lässt sich nie ganz von sich weisen.

Als ich nach Beschreibungen suche, sehe ich ein, ich muss mehrere kombinieren, um der Verwirrung gerecht zu werden. Die erste Schilderung finde ich in Das wahre Leben des Sebastian Knight, einem Roman, den ich zwar übersetzt habe, der jedoch nicht zu meinen Favoriten zählt. An einer Stelle beschreibt Nabokov die typische Erleichterung, durchmischt mit Übermut. Es ist ein Tag im April 1927, irgendwo in London:

Die Tür öffnet sich. Man erblickt Sebastian, der mit ausgestreckten Armen und Beinen in seinem Arbeitszimmer auf dem Boden liegt. Clare ordnet die Schreibmaschinenseiten auf seinem Tisch zu einem sauberen Stapel. Der Eintretende bleibt stehen.

»Nein, Leslie«, sagt Sebastian vom Fußboden herauf, »ich bin nicht tot. Ich habe gerade eine Welt erbaut, und dies ist meine Sabbatruhe.«

Von außen mag der Autor tot erscheinen, im Inneren herrscht die große Ruhe nach der Sturm – sowie die anmaßende Gewissheit, eine Welt vollbracht zu haben, die es nur in einem Exemplar gibt. Das ist der Demiurg am Ruhetag, zufrieden.

Aber in meinem Tumult ist auch ein rostiges Vermissen enthalten, das bis zur Verwechslung einer traurigen Freude ähnelt. Am besten lässt sich das Gefühl von einem Souvenir aus Hiroshima erfassen, wo bei einem Bild, das einen Atompilz zeigt, steht: On a nice day we feel good and our hearts sing …

Und dann ist da der seltsame Verdacht, geschändet zu haben – diese unselige Ahnung, sich an etwas, das nicht ganz menschlich ist, vergriffen zu haben – ohne den der Tumult, den ich erlebe, nicht auch noch schauderhaft wäre. Der orphische Defätist Gottfried Benn hat das Gefühl am besten zusammengefasst, glaube ich, als er in einem Essay beschrieb, wie es sich anfühlt, »innen Earl, außen Pariah« zu sein.

Erleichterung, Übermut, Trauer, Jubel, Vermissen, Wehmut, Verdammnis … Welch ein Spektakel.