Nelly Sachs:
Werke
Information · Klappentext · Rezensionen · Inhalt
Information
Kommentierte Ausgabe in vier Bänden · Herausgegeben von Aris Fioretos · Berlin: Suhrkamp, 2010–2011 · ISBN: 978-3-518-42098-0
Klappentext
Mit dieser Werkausgabe, die über das lyrische Gesamtwerk hinaus die entlegenen Prosarbeiten und vielen szenischen Dichtungen einschließlich der unveröffentlichten Dramen aus den 1960er Jahren umfassen wird, rückt die Dichtung der Exilautorin Nelly Sachs auch äußerlich sichtbar wieder dorthin, wohin sie ihrem Rang nach immer gehörte: ins Zentrum der deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts.
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Aris Fioretos ist schwedischer Autor und Hauptherausgeber der kommentierten Werkausgabe von Nelly Sachs. Für seine Übersetzungen – von u. a. Paul Auster, Friedrich Hölderlin und Vladimir Nabokov – und seine eigenen Werke hat er zahlreiche Auszeichnungen erhalten, u. a. vom DAAD Künstlerprogramm, von der Schwedischen Akademie und dem All Souls College, Oxford. Seine bisher letzte Veröffentlichung in deutscher Sprache ist der Essayband Das Maß eines Fußes (2008). Im Herbst 2010 erscheint der Roman Der letzte Grieche (Carl Hanser Verlag).
Rezensionen
„Behütet und romantisch verspielt - das war die Berliner Welt, aus der die Shoah die Schriftstellerin Nelly Sachs (1891–1970) brutal herausriss. Dem schrecklichen Leid und Wahnsinn ausgesetzt, der die Dichterin auch persönlich bedrohte, rang sie dieser Fassungslosigkeit ihre Gedichte und Texte ab. Es ist gut, dass die neue Bildbiografie und die begleitende Wanderausstellung (demnächst in Zürich und Dortmund) diesen bitteren Lebenskontext der großen Dichterin mit viel neuem Material anschaulich machen.“ – Gotthard Fuchs, Christ in der Gegenwart
„Nicht zuletzt aber gibt es hier eine Autorinnengeschichte zu bewundern, die mit der herkömmlichen literarischen Entwicklung einer Schriftstellerin kaum etwas gemein hat: eine Geschichte der Zaghaftigkeit und Bestürzung, des erzwungenen äußersten Rückzugs – und eine solche ungebrochene innere Stärke, des so selbstbewussten wie selbstkritischen Fehlverhaltens am eigenen Lebens- und Schreib-Projekt, dem am Ende dann … die größtmögliche Anerkennung zuteil wird. … Wir wohnen, Nelly Sachs’ Poesie lesend, der Geburt einer neuen Literatursprache inmitten des Grauens bei.“ – Frauke Meyer-Gosau, Literaturen
„Vierzig Jahre nach ihrem Tod erhält ‚die letzte Dichterin des Judentums in deutscher Sprache‘ (Enzensberger) bei Suhrkamp eine vierbändige, sorgfältig editierte kommentierte Werkausgabe. … Wer Nelly Sachs kennenlernen will, hat jetzt die Gelegenheit dazu …“ – Angelika Overath, Neue Zürcher Zeitung
„Nelly Sachs’ Gedichte sagen uns, dass es noch eine ursprüngliche Art des Mit-Fühlens außerhalb unserer zynischen Vernunft und ironischen Vergewisserungen geben kann ... Wollen wir für unserer Gefühlswelt noch ein Anrecht auf Innigkeit erheben, so müssen wir Nelly Sachs neu zu lesen beginnen.“ – Jan Volker Röhnert, Frankfurter Allgemeine Zeitung
„In der von Aris Fioretos sorgfältig und mit großer Sachkenntnis erstellten Edition werden die Etappen ihres szenischen Schaffens erstmals überzeugend dargestellt. Zugleich lernen wir eine Dichterin kennen, die im achten Lebensjahrzehnt ästhetisch den Schritt zur Moderne vollzieht.“ – Carola Wiemers, Deutschlandradio Kultur
Inhalt
Band I: Gedichte 1940–1950
Herausgegeben von Matthias Weichelt
Erschien: 22. Februar 2010
Band II: Gedichte 1951–1970
Herausgegeben von Ariane Huml und Matthias Weichelt
Erschien: 22. Februar 2010
„Bin in der Fremde
die ist behütet von der 8
dem heiligen Schleifenengel
Der ist immer unterwegs
durch unser Fleisch
Unruhe stiftend
und den Staub flugreif machend –“Aus: Glühende Rätsel
Im Mai 1940 floh die Dichterin Nelly Sachs (1891–1970) mit einem der letzten Flugzeuge aus Berlin nach Stockholm. So begannen dreißig Jahre Exil, in denen ein lyrisches Werk entstand, das 1966 mit dem Nobelpreis für Literatur geehrt wurde. Zusammen mit ihrem Freund Paul Celan gehört Sachs zu den wichtigsten deutschsprachigen Lyrikern der Nachkriegszeit. Von den erhabenen Tönen ihrer frühen Grabschriften, über Flucht und Verwandlung der 1950er Jahre, bis hin zu den drastischen Glühenden Rätseln des Spätwerks: Dichtung bildete für diese Autorin stets eine Überlebensform, die auf eine poetische „Durchschmerzung“ der Welt zielte.
Erstmals wird nun in den zwei zentralen Bänden der neuen Werkausgabe die Lyrik der Nelly Sachs nach 1940, bereichert um viele bislang ungedruckte Texte, chronologisch geordnet und kommentiert vorgelegt. Die Ankunft in Schweden, im Sommer 1940, betrachtete die Dichterin als den Beginn ihres eigentlichen Werkes: Erst durch die Zäsur der Vernichtung wurde sie zu der Autorin, als die sie sich selber verstehen wollte.
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Band III: Szenische Dichtungen
Herausgegeben von Aris Fioretos
Erschien: 24. Januar 2011
„Meine dramatische Dichtung ist ein Versuch durch die Grenzen des materiellen Wortes, des materiellen Theaters hindurchzustoßen. Bei diesem Versuch geschieht ein Herausholen aus den hiesigen bekannten Sprachgrenzen und ein wieder Hineinnehmen in diese. Das sind alles Experimente.“
Im Mai 1940 floh die Dichterin Nelly Sachs (1891–1970) mit einem der letzten Flugzeuge aus Berlin nach Stockholm. So begannen dreißig Jahre Exil, in denen ein Werk entstand, das 1966 mit dem Nobelpreis für Literatur geehrt wurde.
Band III der neuen kommentierten Werkausgabe enthält sämtliche szenischen Dichtungen, die zur Lebenszeit der Dichterin veröffentlicht wurden, und darüber hinaus ein Dutzend unveröffentlichter Arbeiten, vorwiegend aus den 1960er Jahre. Es sind dies gestische Stücke, bisweilen an Beckett, gelegentlich an Lorca erinnernd, die noch ihre Gattung suchen. Zum ersten Mal läßt sich an ihnen verfolgen, wie Sachs sich vom „Kulttheater“ ihrer frühen Nachkriegsstücke hin zu einer szenischen Dichtung bewegte, die schließlich mit Tanz, Musik und Mimus die Grenzen des Sagbaren erweitert.
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Herausgegeben von Aris Fioretos
Erschien: 11. Oktober 2010
„Ich lebe ja ganz zurückgezogen in Schweden. Ich hatte ja gar keinen Zugang zu der neuen deutschsprachigen Dichtung. War darin ganz auf mich angewiesen. Meine Sprache... – Wenn ich so sagen darf: so hat mir diese wirklich der Tod geschenkt.“
Mit äußerster Not erreichte Nelly Sachs 1940 das rettende Ufer Schwedens. Bislang unveröffentlichte Prosatexte, die sie nach ihrer glücklichen Ankunft im neuen Land niederschrieb, enthält dieser Band der Werkausgabe. In den Tagebuchnotizen, Preisreden und Gelegenheitsarbeiten, aber auch erschütternden Meldungen aus den Jahren der psychischen Krankheit werden nicht zuletzt die Spätfolgen der Verfolgung in den 1930er Jahren sichtbar. Zugleich umfaßt der Band die vielen Übertragungen aus dem Schwedischen – eine „Herzenssache“, wie sie es verstand, mit der sie gleichwohl ihren Lebensunterhalt in den ersten schwierigen Exiljahren verdienen mußte. Entlang dieser Übertragungen läßt sich verfolgen, wie sich Sachs’ Sprache im Kontakt mit der lyrischen Moderne Schwedens radikalisierte.
Mit der ersten kommentierten Werkausgabe rückt die Dichtung der Exilautorin Nelly Sachs auch äußerlich sichtbar wieder ins Zentrum der deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts.